Moonrise Kingdom (US 2012)

Da hat sich Anderson wirklich selbst übertroffen. Die eigentlich total banale Handlung wird dermaßen abgedreht erzählt und präsentiert, mit einem so genialen Auge für Einstellungen, Farben und kleine Details. Viele Szenen wirken wie für Stop Motion zusammengebastelt, obwohl sie real sind, dazu Verfremdungseffekte wie die knalligen Farben, teilweise Zeitlupe (besonders grotesk gegen Ende, als die Leute in Zeitlupe über den Bootssteg gehen, das Wasser aber normal schnell schwappt) und natürlich die oft völlig übertriebene Musik.

Aber das war kein reiner Kunstfilm voller Taschenspielertricks um ihrer selbst willen, sondern auch durchgängig sehr lustig (allein die fehlplatzierten markigen Zitate, die Sam von sich gibt) und gleichzeitig romantisch und psychologisch glaubwürdig. Naja, glaubwürdig, sobald man das in der Rückblende eher ad hoc erzählte erste Zusammentreffen geschluckt hat. So eine Brieffreundschaft gehabt zu haben, wünscht sich wohl jeder. Und das Ausreißen vielleicht auch.
Dazu die nett dysfunktionalen Nebenfiguren mit absoluter Starbesetzung. Das Bild von Bill Murray oben ohne mit Alk und Axt kriegt man so schnell nicht mehr aus dem Kopf. ;)

Nach längerem Nachdenken erhöhe ich auch noch von 8 auf 9 Punkte, die kleinen Storyschwächen gleicht der unbedingte Stilwille doch mehr als aus.

Mit wenigen Ausnahmen konnten Wes Andersons Filme immer überzeugen und erneut schuf er ein absolut ungewöhnliches und eigenständiges Werk bei dem man sofort sagen kann: Ein echter Wes Anderson! Einmal mehr kreiert er eine eigene Welt aus verschrobenen Figuren, die skurile Dinge tun, dabei absolut sympathisch sind und lustiger kaum sein könnten. Das starbesetzte Cast um Bruce Willis, Edward Norton und Bill Murray zeigt sich dabei enorm spielfreudig, doch werden sie von den beiden wunderbaren Kinderdarstellern Kara Hayward und Jared Gilman mühelos in den Hintergrund gespielt. Lobenswert zu erwähnen sind natürlich der für Anderson schon typische, absolut perfekt eingesetzte Soundtrack, sowie die fantastische Regie- und Kameraarbeit, die besser nicht sein könnte. Moonrise Kingdom ist so ein erfrischendes und vor allen Dingen ungewöhnliches Stück Kino, das man unter keinen Umständen verpassen soll. Der bislang wohl beste Film von Wes Anderson.

"But our love it was stronger by far than the love/ of those who were older than we -/ Of many far wiser than we" (Poe). Ob irgendjemand auf der Insel Neuenglands, auf der "Moonrise Kingdom" spielt allerdings weiser als seine jungen Protagonisten ist darf wohl in Frage gestellt werden (mit Ausnahme des Erzählers vielleicht). Darsteller und Bilder durch die Bank perfekt und dabei vollkommen verschieden von dem was man sonst auf der Leinwand geboten bekommt (Außer eben beim guten Herrn Wesley Wales A.) Ein großartiger Film - beinahe sogar ein perfekter. Bereits der Gedanke daran dass Wes Anderson erst 43 ist und wohl noch viele solcher Kunstwerke schreiben und drehen wird macht die Welt schon zu einem schöneren Ort.