Ballon (DE 2018)

Spannend inszeniert.
Auch enn man leider auch etwas wenig über die Familien selber erfährt.
Und die Bilder 10 Jahre später hätte man eigentlich nicht mehr gebraucht.
Fand ihn - stand jetzt - ziemlich langatmig und dialoglastig.
Hatte auch etwas von einem ard/zdf Krimi.

Ich war schon immer der Meinung, dass in Bully ein richtig guter Regisseur steckt. Selbst seine Blödeleien, angefangen bei "Erkan & Stefan", sind bisweilen hervorragend inszeniert und haben sich cinematopraphisch oft vom typisch deutschen Look abgehoben.

Daher war ich neugierig, wie er sich denn nun mit seinem ersten ernsten Film machen würde und wurde nicht enttäuscht. Inszenatorisch ist "Ballon" beeindruckend und gerade das Zusammenspiel aus Production Design und der hervorragenden Kameraarbeit sorgen für einen ganz eigenen Look. Doch kann Herbig nicht nur in diesem Bereich punkten, er vermag es zudem mit einfachsten Mitteln für Hochspannung zu sorgen. Ich muss gestehen, dass ich im Vorfeld nichts von der sogenannten Ballonflucht wusste und war von der ersten bis zur letzten Minute angespannt und habe mit den beiden Familien mitgefiebert. Vielleicht liegt dies auch daran, dass der Film einen ohne großes Vorgeplänkel direkt ins Geschehen wirft oder aber auch, wie durch die clevere Inszenierung Paranoia erzeugt wird. Hinter jeder Ecke könnte ein Stasispitzel lauern, jeder noch so unauffällige Blick könnte auf einen Verräter hindeuten, der das große Vorhaben der beiden Familien auffliegen lassen kann. Das Ganze wird nochmals verstärkt, durch einen eindringlichen Score, der zwar vielleicht manchmal ein wenig übertreibt, seine Wirkung aber dennoch nicht verfehlt. Darstellerisch gibt es ebenfalls kaum einen Grund zur Klage und dass man sich nicht unbedingt an die wahren Ereignisse gehalten hat, sondern die Flucht und die Vorbereitung zur Spannungserzeugung angepasst hat, hat mich nicht weiter gestört. Kleine Abzüge in der B-Note gibt es für die Teenielovestory, die manchmal etwas aufgesetzt wirkte und in meinen Augen nur wenig zur eigentlichen Geschichte beigetragen hat.

Es ist aber grundsätzlich erfrischend, hochspannendes deutsches Kino geboten zu bekommen und wenn es dann noch so gut in Szene gesetzt wurde wie in diesem Fall, dann immer her damit. Hoffe wirklich, dass Herbig in Zukunft weiter auf ernstere Film setzt. Das Talent als Regisseur hat er allemal.

Bully Herbig ist wahrlich einer der wenigen deutschen Regisseure, der die Art, wie Hollywood Filme macht, auch in seiner Heimat, dem deutschen Kino, sehr gut kopieren kann!
Damit meine ich, das Bully ein ziemlich gutes Auge für eine kinowürdige Umsetzung seiner Stoffe hat. Was bei vielen anderen deutschen Produktionen leider eher wie eine TV-Produktion, mit einfach etwas mehr Budget aussieht, da besitzt Herr Herbig einfach ein Talent für eine kinogerechte Aufwertung in Bild und Ton.
Dabei wären wir schon bei meinem größten Kritik-Punkt. Denn leider schießt er auch manchmal über das Ziel hinaus. Auch wenn Bully kinowürdig verfilmt, so unpassend dazu ist z. B. das Drehbuch geraten. Die Autoren wollen einem "Ballon" als großen Spionage-Flucht-Reißer verkaufen, haben aber im Endeffekt nicht den richtigen Stoff für eine Geschichte in der angestrebten Größenordnung. Das Schicksal der fliehenden Familien ist kurzweilig, aber lange nicht so spannend wie es die Autoren gerne gehabt hätten. Das versuchen sie mit Komponenten, wie z. B. dem ach so coolen Stasi-Ermittler, dem viel zu aufgebauschten Score, und anderen Hollywood-esken Erzählelementen, zu kompensieren, was aber das Ganze ziemlich aufgesetzt dastehen läßt.
Ballon ist ok, wenn man einen recht kurzweiligen True-Story-Thriller aus deutschen Landen sehen möchte, der sich auch mal in optischer Umsetzung nicht vor der internationalen Konkurrenz zu verstecken braucht. Allerdings möchte er größer sein, als er letztendlich ist, und wirkt dadurch an vielen Stellen überdramatisiert und aufgebauscht. Einmal ansehen tut keinem weh, für mehr wird es aber dann auch nicht reichen...